
BRASILIA – Am gestrigen Sonntag wurden auf einem Protestmarsch Tausender zugunsten der abgesetzten Präsidentin Dilma Rousseff Sprechchöre gegen die neue Interimsregierung skandiert.
Der Protest, zu dem die Arbeiterpartei (PT) aufgerufen hatte, verlief vollkommen friedlich auf dem sogenannten Platz der drei Gewalten in der brasilianischen Hauptstadt vor dem Planalto-Palast, dem Parlament und dem Obersten Bundesgericht.
Unter dem Motto „Weg mit Temer” unterbrachen die in rot gekleideten Demonstranten, die Fahnen und Transparente gegen Temer trugen, auf einer der Prachtstraßen unter den Augen zweier Hundertschaften von Polizei den Verkehr.
Sie schrien Parolen zugunsten von Rousseff, die am 12. Mai nach Eröffnung des politischen Ermittlungsverfahrens im Senat abgesetzt worden war.
„Es ist ein Gefühl, das sich nur schwer definieren lässt, denn es setzt sich aus Trauer, Revolte und Ohnmacht zusammen“, sagte gegenüber Notimex eine der Demonstrantinnen, Susana Braine, ein Mitglied der Arbeiterpartei.
„Die Demokratie, die so schwer k.o. gegangen ist, ist heute Gegenstand von Gelächter im Ausland. Der Putsch war das Werk von Banditen, die das brasilianische Volk nicht vertreten, die aber zur rechten Zeit am rechten Ort waren“, fügte sie, an die Kongressabgeordneten gewandt, die für das Impeachment gestimmt hatten, hinzu.
„Jetzt gilt es zu kämpfen mit allem, was wir juristisch noch tun können, die Bevölkerung in den Straßen zu mobilisieren und uns während der sechs Monate der Regierung Temer nicht regieren zu lassen“, äußerte sich Félix Valente.
„In einem halben Jahr kann sich vieles in Brasilien ändern. Wenn das Volk die unpopulären Maßnahmen zu spüren bekommt, werden die nächsten Monate schlimm“, versicherte der 70jährige Demonstrant, wobei er sich auf die Pläne zur Haushaltsanpassung der neuen Regierung bezog, die eine Reform des Rentensystems und des Arbeitsrechts angekündigt hat.
Die Regierung Temer, die in der vergangenen Woche ihre Exekutive vorstellte, erhielt ihre ersten Kritiken von der jetzigen Oppositionspartei PT, aber auch von Organisationen, die das Amtsenthebungsverfahren gegen Rousseff unterstützt hatten, wie dem Stand der Anwälte Brasiliens (OAB), der die Juristen des Landes repräsentiert.
Der Präsident dieser Institution Claudio Lamachia, missbilligte, dass gegen einige von Temers Ministern – darunter die für Planung, für Tourismus und für das Regierungssekretariat –Untersuchungen im Gange seien oder dass man von ihnen Geständnisse im Sinne der Anklage bei der Operation Lava Jato habe.
“Die Ernennung von Leuten, gegen die ein Verfahren läuft, richtet sich gegen den Anspruch der Gesellschaft und hätte nicht geschehen dürfen“, hieß es in einer Note des OAB.
Die Tageszeitung O Estado in Sao Paulo veröffentlichte am Sonntag, dass mindestens zwölf Minister der neuen Regierung Fonds für ihre Wahlkampagnen von Bauunternehmen erhalten hätten, die in das multimillionenschwere Geldverschiebekomplott von Petrobras verwickelt seien.