
The Space Merchants, (Weltraumkaufleute) ist ein Science Fiction Roman, der vor Jahrzehnten in Kuba herausgegeben wurde. Seine Autoren Frederik Pohl und Cyril M. Kornbluth fassten 1953 in einem Buch die Geschichte zusammen, die sie der Zeitschrift Galaxy Science Fiction zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt hatten. Sein Vorgänger 1984 von George Orwell, der vier Jahre zuvor herauskam, schildert eine düstere Welt mit aufreibender und entfremdender sozialer Kontrolle und wurde seit der Epoche der UdSSR zu einer Ikone erhoben, als literarische Speerspitze gegen den Sozialismus. Im Unterschied zu letzterem sagt man über den Roman von Pohl und Kornbluth wenig, was die Verwendung als ideologische Botschaften betrifft. Der Grund ist eindeutig. The Space Merchants zeichnet eine dystopische, entfremdende und bedrückende Welt, aber... eine eindeutig kapitalistische. Es wird so in vieler Hinsicht zu einem Gegenbuch zu Orwell.
Obwohl es sich um einen Auftragsroman handelt, hat er keine Superhelden sondern vielmehr einen Antihelden, mit Ausbildung zum Werbefachmann. In einer Zukunft (auf das Datum des Romans bezogen) wird die Gesellschaft von großen transnationalen Monopolen regiert, in der Werbeunternehmen vorherrschend sind. Die Staaten sind nahezu entbehrliche Karikaturen und die Korporationen verfügen über Privatarmeen, um ihre unternehmerischen Schlachten auszutragen. Die Polizei hat nur die Aufgabe, die Ordnung unter den Konsumenten aufrechtzuerhalten.Die Welt ist eine ökologische Katastrophe. Die Werbung hat solche Ausmaße erreicht, dass man bereits daran denkt, die Anzeigen für die miteinander konkurrierenden Produkte in die Pupillen der Personen zu projiziere, wobei das Opfer für eine solche Aberration süchtig gemacht werden soll. Die totalitäre Unterdrückung kommt nicht mehr als Großer Bruder daher, der ist nicht mehr nötig, es genügt, die Menschen von der Ebene der Instinkte her zu kontrollieren und den Rausch aus Emotionen und Empfindungen zum Sinn des Lebens zu machen. Es gibt keine kollektive Erinnerung mehr, denn die wurde durch die Werbung ersetzt, die zur Massenkultur wurde, die einzige Kultur, die sich durchsetzt. Kommt uns das nicht alarmierend vertraut vor?
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Fünfzehn Jahre nach dem Roman von Pohl und Kornbluth wurde ein Roman mit dem rätselhaften Titel ¿Sueñan los androides con ovejas eléctricas? (Träumen die Androiden von elektrischen Schafen) veröffentlicht. Der von Philip K. Dick verfasste Roman erzählt von den Aktionen des Replikantenjägers Rick Deckard in einer post-apokalyptischen Welt, in der die Haltung eines lebendigen Haustiers einen Luxus darstellt, der nur den reichsten Menschen vorbehalten ist. Der übrigen Sterblichen müssen sich mit androiden Haustieren zufrieden geben, d.h. Ersatztiere, also in Wirklichkeit Roboter. Aus dieser gescheiterten Welt können die Menschen mit einem Gerät entfliehen, das als Penfield Stimmungsorgan bekannt ist, das sie auf ihren jeweils gewünschten Gefühlszustand einstellen können. Auf diese Weise können Freude, Optimismus, Schmerz, Trauer, Depression, Aufregung oder Einsamkeit im Vorhinein je nach Wunsch programmiert werden. Auf einem Planeten, von dem ein großer Teil der Menschheit zu anderen Sternen geflüchtet ist, ist ein solcher Entfremdungsmechanismus angesichts einer Realität, die man nicht kontrollieren kann, der einzige Zufluchtsort. Die Personen verbringen ihren Tag damit, wie Zombies an diesen Apparat der Emotionen verbunden zu sein. Wenn sie nicht mit dem besagten Apparat verbunden sind, arbeiten und wandeln die Personen in einer Welt, in der die dreisteste Werbung sie ständig dazu antreibt, über ihre Grenzen hinauszugehen. Klingt das alarmierend vertraut?
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Sehr frei auf dem vorherigen Roman basierend, drehte Ridley Scott 1982 den Film Blade Runner, der heute als ein Klassiker der Science Fiction Filme gilt. In dem Film ist die Erde eine ökologische Katastrophe und dem Menschen ist es gelungen, andere Planeten zu erobern. Über diese anderen Planeten, die kurioserweise Kolonien genannt werden und die nie gezeigt werden, heißt es, dass dort Ressourcen für die Erde entnommen würden. In den Kolonien leben genetisch modifizierte Wesen, die dort als Sklaven arbeiten und bei denen ein exaktes Ablaufdatum programmiert wurde, d.h.ihr Tod. Diese Replikanten, wie sie genannt werden, sind der „Andere“ ,Fremde für die kolonisierende Erde, die manchmal lästig werden, wenn sie, weit über das hinaus, wofür sie geschaffen wurden, sich über sich selbst bewusst werden, rebellieren und zur Erde zurückkehren. Wenn sie zu Immigranten werden, verliert ihr Dasein seinen Zweck und sie werden zu Feinden und als solche sollen sie wie Tiere gejagt werden. Die repressive Aufgabe erfüllen Personen, die Blade Runner genannt werden. Um den Mord an den Immigranten zu rechtfertigen, werden sie als Wesen gezeichnet, denen die Empathie fehlt, Calibane, die die Ordnung der Erde bedrohen. Klingt das alarmierend vertraut?
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Die Matrix, eine Filmproduktion der Brüder Wachowski wurde in der ersten Fassung 1999 vor bereist 20 Jahren aufgeführt. In den Filmen geht es ebenfalls um eine post-apokalyptische Welt, wo die menschlichen Wesen geschaffen und von Maschinen in Inkubatoren erhalten werden. Sie wurden ursprünglich von der menschlichen Wissenschaftstechnik geschaffen und in einem Moment, der vor der Filmhandlung lag, rebellierten sie und es gelang ihnen, die Herrschaft über den Planeten zu übernehmen. Die Menschheit ist also auf vegetative Wesen reduziert, die als für die Maschinen notwendigen erneuerbare Energiequellen benutzt wurden.
Interessant ist, dass jedes menschliche Wesen, um es am Leben zu erhalten, über ein Gehirn verfügt, das an ein gigantisches kybernetisches Netz, mit Namen Die Matrix angeschlossen ist, das es mit dem Rest der Menschheit verbindet, der auf die gleiche Weise angeschlossen ist und somit wird eine virtuelle Realität geschaffen, die die objektive Realität ersetzt. So wird die Realität auf verstörende Weise als eine subjektive Schöpfung präsentiert, die von einer Maschine aufgezwungen wird, die die Geschichte verändern kann, wenn sie es wünscht.
Neo, der Protagonist, wird als der Auserwählte dargestellt, der die menschliche Rebellion anführen soll, aber dieser Auftrag wurde ihm paradoxerweise durch eine Weissagung gegeben, die von einem Wesen der narrativen und virtuellen Welt der Matrix namens Pitonisa gegeben. Deswegen ist die Prophezeiung, die ihn zum Auserwählten macht, ebenfalls rein narrativ, ohne Halt in der objektiven Welt. Die These ist, dass es die Wirklichkeit nicht gibt, sie existiert nur in den Erzählungen, die sie uns von ihr machen: eine globale Post-Wahrheit.Klingt das nicht alarmierend vertraut?
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Verlassen wir die Science Fiction.
Im Jahr 2009 beantragte das transnationale Unternehmen Sony das Patent für ein Gerät, das in der Lage ist, Emotionen zu entdecken. Der intellektuelle Schutz, der ursprünglich für seine Spielkonsolen gedacht war, ist nicht auf diese beschränkt und in jedem elektronischen Gerät wie beispielsweise einem Fernseher anwendbar. Die Idee besteht darin,den Gefühlszustand des Nutzers dieses Geräts zu identifizieren und diese Information kann dann dafür verwandt werden, das Verhalten des Apparates zu bestimmen und entsprechend zu verändern. Dadurch wird sichergestellt, dass der Nutzer nicht die Aufmerksamkeit über ihn verliert. Im Fall der Spiele, kann, wenn das Gefühl Freude herausgefunden wird, dies anzeigen, dass das Spiel seine unterhaltende Funktion erfüllt, während Langeweile dazu führt, dass der Rhythmus des Spiels und seine Spannung gesteigert werden, um erneut die Aufmerksamkeit des Spielers zu gewinnen.
Im Jahr 2014 beantragte Facebook ein Patent, das ihm 2017 gewährt wurde, um Emotionen festzustellen. In diesem Fall deckt die Lizenz us20150242679a1 die Kapazität den emotionalen Zustand eines Konsumenten eines digitalen Inhalts festzustellen, zu speichern und weiterzuleiten, um davon ausgehend über den Inhalt zu entscheiden, der sich für diesen Einzelnen eignet. In der kalten und unpersönlichen technischen Sprache des Patents heißt es: „Die Identifizierung des Inhalts, der von einer oder mehr Anwendungen, basierend auf der Art der festgestellten Emotion angezeigt werden soll, kann die Suche nach einer Vielzahl von Inhalten umfassen, bei der jeder mit einem besonderen Gefühlszustand assoziiert ist. Zusätzlich kann eine Kalibrierungskomponente konfiguriert werden, um die Anforderung zum Kalibrieren des Detektors für Emotionen zu empfangen und dem Nutzer eine bestimmte Emotion zu präsentieren“.
Das US-Patent U.S. Pat. No. 6,175,772 von 2001 schützt die Erfindung von Roboterhaustieren mit Pseudoemotionen und deren Verhalten, das darauf basiert. Gemäß dem Erfindungsdokument ändern sich die Verhaltensmuster des Haustier entsprechend der emotionalen Reaktion des Nutzers.
Ein weiteres Patent, das U.S. Pat. No. 6,536,440, schützt die Erfindung die Fähigkeit mithilfe von Ultraschall, Nervenimpulse im Gehirn zu beeinflussen und zu manipulieren, sodass sensorische Daten in die Großhirnrinde projiziert werden können. Das von Sony beantragte Patent „ist nicht völlig invasiv, da Geräte verwendet werden, die Ultraschallimpulse auf den Kopf schießen, um Muster von Neuronen im Gehirn zu verändern und über bewegte Bilder und Aromen und Töne „sensorische Erfahrungen“ zu schaffen“.
Ray Kurzweil,einstmals technischer Direktor von Google, geht davon aus, dass im Jahr 2045 die technologische Kapazität der Kybernetik die kognitive Kapazität des Menschen übertroffen haben wird.
Theodore Berger, ein Ingenieur der Universität von Southern California in Los Angeles ist dabei, eine Erinnerungsprothese zu entwickeln. Die Idee ist, einen Teil des Hippocampus durch ein Gerät zu ersetzen, das die elektrische Aktivität, die ein Kurzzeitgedächtnis kodiert, aufnimmt, in ein digitales Signal verwandelt und an einen Computer sendet, wo es mathematisch umgeformt werden und zurück ins Gehirn gepflanzt werden kann. Sein Gerät wurde bereits erfolgreich bei Ratten und Affen ausprobiert und man arbeitet jetzt mit menschlichen Patienten.
Halten wir hier an.
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Eine oberflächliche Lektüre könnte ein Gefühl der Panik hervorrufen und zu einer technikfeindlichen Reaktion führen. „Wenn die Wissenschaft diese monströse Zukunft beschert - lasst uns die Wissenschaft stoppen!“... Es gibt solche, die in der Welt von heute eine Diktatur des Technisch Wissenschaftlichen über das Kulturelle, Humanistische, Literarische und Künstlerische sehen und dass wir als Konsequenz davon uns gegen das Techno-Wissenschaftliche auflehnen müssen. Diese Dilemma tritt in verschiedenen Formen aus, beispielsweise in der „kulturellen“ Schlacht zwischen der Entwicklung der Gentechnik gegen ein Moratorium in der Anwendung, in der techno-wissenschaftlichen Kapazität des Klonens des genetischen Codes gegen das völlige Verbot dieses Verfahrens, bei der Entwicklung von Technologien, die auf Stammzellen basieren gegen deren praktische Anwendung, bei der Entwicklung der Nanotechnologie gegen ihre ökologischen Implikationen. In all diesen Fällen stellt sich das Dilemma wie ein Kampf zwischen der erreichten techno- wissenschaftlicher Kapazität und der kulturellen Unzulänglichkeit für ihre verantwortliche Nutzung seitens der Gesellschaft heraus. Aber auf globaler Ebene müssen wir verstehen, dass die Essenz nicht in diesem Widerspruch liegt, sondern in jenem, den der alte Marx beschrieben hat: Wir erleben nicht die Diktatur der Wissenschaft. Wir erleben die Diktatur des Kapitals. Das ungehemmte Gewinnstreben bedingt als übrigen sozialen Impulse. Die Lösung liegt also nicht darin, die Wissenschaft anzuhalten, etwas, was zudem unmöglich ist, sondern darin, die soziale Ordnung des Planeten zu ändern.
Der wirkliche Terror unserer Epoche ist nicht die von George Orwell in 1984 beschriebene totalitäre Gesellschaft, es ist die von Pohl und Kornbluth 1953 antizipierte Gesellschaft, der wir uns auf schreckliche Weise annähern. In dieser heutigen Welt versteckt sich der wahre Große Bruder hinter der Fassade des Großen Unterhalters und die Feinde, die es zu besiegen gilt, sind die Kaufleute all des Guten, das die Menschheit.geschaffen hat. Dass es möglich ist, diesen Feind der Menschheit zu besiegen, zeigt diese Insel jeden Tag mit ihrem Widerstand.