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Das Bild „ Der Alchimist“ des flämischen Malers Mattheus von Helmont (1623-1679). Bild von Chemical Heritage Foundation

In A nova aliança (Das neue Bündnis) Brasilia, UNB, 1997) führen Illya Prigogine und Isabelle Stengers aus, dass die Wissenschaft und insbesondere die Physik, die Welt entzaubert haben. Das mythische Universum, früher einmal Objekt der Kontemplation, hat sich in einen Gegenstand verwandelt, den man verstehen kann. Das was zuvor vor unseren Augen leuchtete, ist jetzt durch unsere Vernunft und durch unsere Hände (und unsere Füße, die den Mond betreten haben) klein geworden.

Wir haben den Apfel des Paradieses gegessen. Wir haben uns des Baums der Erkenntnis bemächtigt und befreit von den göttlichen Fesseln haben wir den Garten Eden geschändet. Jetzt glauben wir zu wissen, was das Gute und das Böse ist, und es kommt nicht selten vor, dass wir das eine mit dem anderen verwechseln.

Die Erbsünde bestand nicht darin, die verbotene Frucht zu essen. Verboten war es, den Baum besitzen zu wollen und sich als Herr über dessen Früchte zu sehen. Die ursprüngliche Entgleisung bestand darin, sich das anzueignen, was allen gehörte. Sich die Freiheit anzueignen und alles andere zu ignorieren.

Trotzdem hat diese Entzauberung der Welt nicht ihrer göttlichen Aura beraubt. Die Religionen und die Mythen gedeihen überall auf der Welt. Sie behaupten sich als politische Kräfte. Sie möchten das wieder vereinen, was die Wissenschaft zertrennt hat. Und oftmals extrapolieren sie ihren Bereich und streiten die Fortschritte der Wissenschaft aus, wie das bei den Kreationisten in den USA in Mode ist, die die völlig irrige These vertreten, dass die Erde eine Scheibe sei, etwas, das auch in Brasilien im Trend ist. Hier zeigt die Homophobie sich in der Ablehnung der Verschiedenartigkeit der Geschlechter, während überholte Konzepte unsere Außenpolitik bestimmen.

Die Welt kann nur durch einen mythischen Blickwinkel wieder verzaubert werden, ohne aber dabei die Wissenschaft geringzuschätzen. Die kalte Analyse der Wissenschaft kann etwas enthüllen, aber es niemals erklären. Wir wissen, dass das menschliche Gehirn 1,5 kg wiegt und 86.000 Millionen Neuronen besitzt, von denen jede 10.000 Verbindungen aufweist. Aber woher kommen in dieser Gehirnmasse so entgegengesetzte Gefühle wie Freude und Wut und die Wahrnehmung des Ichs. Was war vor dem Urknall, dem Big Bang?

Es ist nichts lästiger als Antworten für alle Mysterien der Natur zu suchen. Die Wissenschaft lehrt uns, dass es außerhalb von uns keine Farbe gibt. Die schillernde Farbenvielfalt, die wir beim Aufgang der Sonne oder bei ihrem Untergang sehen, ist nichts anderes als die Auswirkung der elektromagnetischen Strahlung, deren Kombinationen von Wellenlängen in unserem Kopf in Farben umgewandelt werden. Aber ich glaube trotzdem lieber an den Zauber des Regenbogens ...

Die Wissenschaften geben eine Antwort auf die vielen Warum. Die Religionen ihrerseits fragen nicht, warum am Tag sich Helligkeit und Dunkelheit abwechseln, sondern was der Grund dafür ist, dass wir diese kurze Zeitspanne durchlaufen, die wir Leben nennen. Der Mythos erforscht nichts, er beschränkt sich darauf zu betrachten. Und im Zweifel findet er selbst die Antwort. Der Mythos ist selbst erklärend, extrapoliert die Vernunft und verwechselt die Glaubenswahrheiten. Deswegen ist jede Liebe mythisch. Und nichts verzaubert ein Leben oder die Welt mehr als die Liebe.

Es kann sein, dass in Zukunft die Algorithmen es ermöglichen, dass die Computer Bürgermeister, Gouverneure und Präsidenten wählen, die effizienter und nicht mehr korrupt sind. Aber ,werden Computer lieben können? Sich beim Mittagessen unterhalten ? Morgens beten?

Ganz ohne Zweifel fällt die Antwort darauf negativ aus. Aber welchen Sinn macht es, dass sich die Menschen ihrer Intelligenz rühmen, wenn bei aller fortschrittlichen Technologie, über die wir verfügen, das Leben für die Mehrheit von uns auch heute noch Leiden, Unsicherheit und Angst bedeutet?