Im Jahr 1934 veröffentlichte der Botschafter José Jobim (von der Diktatur 1979 in Rio ermordet) das Buch „Hitler und die Komödianten“ (Verlag Cruzeiro do Sul). Der Text beschreibt den Aufstieg des kurz zuvor gewählten Nazi Führers und die Reaktion des deutschen Volkes angesichts seiner Übergriffe. Es glaubte nicht, dass man ein Terror Regime einsetzen würde. „Die Juden gefallen ihm nicht“, sagten sie, „ aber deswegen muss man sich nicht beunruhigen. Die Juden sind mächtig in der Welt der Finanzen und Hitler ist nicht so verrückt sie zu belästigen“. Wir alle wissen, wie die Sache ausgegangen ist.
Ich bin sicher, dass Bolsonaro weiß, was er will und dass er ein langfristiges Projekt für Brasilien hat. Er wendet eine gut strukturierte Strategie an. Ich zähle zehn seiner augenfälligsten Taktiken auf:
Entpolitisierung des politischen Diskurses, den er mit Moralismus durchtränkt. Er zeigt sich nie besorgt wegen der Gesundheit, der Arbeitslosigkeit, der sozialen Ungleichheit. Sein Blick geht ist nicht auf Großes gerichtet sondern auf Details: Video mit Goldregen; Bruna surfistinha Film, Kit für Homosexuelle (den es nie gab); Schutz der Moral der Familie etc. Das kommt bei den einfachen Menschen an, die mehr auf Moral als auf Vernunft ansprechen, mehr auf Bräuche als auf politische Vorschläge.
Aneignung des Christentums, indem er die öffentliche Meinung davon überzeugt, dass er von Gott gesalbt sei, um Ordnung nach Brasilien zu bringen. Sein vollständiger Name ist Jair Messias Bolsonaro. Im Hebräischen bedeutet Messias Gesalbter. Und Bolsonaro glaubt er sei vorherbestimmt. Heute ist ein Drittel des brasilianischen Fernsehprogramms in den Händen der evangelikalen Pfingstkirche oder der Neo-Pfingstkirche. Alle auf Seiten Bolsonaros. Zum Ausgleich lässt er deren Privilegien ansteigen, in dem er ihnen Steuern erlässt und die Radio- und Fernsehkonzessionen vervielfacht.
Sein politischer Diskurs ist bar jedes wissenschaftlichen Fundaments und missachtet wissenschaftliche Beweise, er verbietet, dass das Wort Geschlecht in offiziellen Dokumenten erscheint und schenkt jenen Gehör, die verfechten, dass die Erde eine Scheibe ist.
Verabschiedung von Gesetzen, die dem einfachen Bürger das Gefühl vermitteln können, dass er jetzt freier sei, wie das ohne Dokumente zu fahren, die Radarkontrolle zu reduzieren, Kindern erlauben, im Auto ohne besondere Sitze zu fahren etc.
Privatisierung des Systems der öffentlichen Sicherheit. Besser als Geld für die Polizei und die Erweiterung der Gefängnisse auszugeben ist es, jedem „guten“ Bürger zu erlauben Waffen zu besitzen und mit sich zu führen und ihm das Recht zu geben, auf jeden Verdächtigen zu schießen. Und ohne jeden Skrupel antwortete der auf die Frage, was er zu dem Massaker an 57 Gefangenen (unter Überwachung des Staates) im Gefängnis in Altamira zu sagen habe: „Fragen Sie die Opfer“.
Die Beseitigung aller Hindernisse, die den Anstieg der Gewinne der großen wirtschaftlichen Gruppen erschweren könnten, die ihn unterstützen, wie die Agrarindustrie: Befreiung von Steuern, Subventionen mit vollen Händen, Aufhebung von Strafen, Deaktivierung des Umweltschutzinstituts, Einführung eines Unterschieds zwischen sklavereiähnlicher Arbeit und Sklavenarbeit und die Erlaubnis sie zu praktizieren, grünes Licht für die Abholzung und das Eindringen in indigenes Gebiet. Diese betrachtet man als unergiebige Parias, die unverhältnismäßigerweise 13 % des nationalen Territoriums besetzen und die Ausbeutung der Reichtümer verhindern, die dort verborgen sind.
Vertiefung der Linie zwischen seinen Unterstützern und Kritikern. Dämonisierung der Linken und der Umweltschützer, Drohung mit neuen Gesetzen und Dekreten gegen die Meinungsfreiheit gegen die Regierung, Aufpfropfen von Fremdenfeindlichkeit ins Nationalbewusstsein.
Unkritische und vasallenähnliche Ausrichtung auf die internationale Rechte insbesondere auf Donald Trump und völlige Modifizierung der Prinzipien der Isonomie, Unabhängigkeit und Souveränität, die seit Jahrzehnten die brasilianische Diplomatie beherrschen.
Die Auswirkungen der katastrophalen Auswirkungen der sozialen Ungleichheit und des Ungleichgewichts als etwas Natürliches anzusehen, was ihn davon enthebt, die Ursachen zu bekämpfen.
Und schließlich die Delegitimierung jeglichen Diskurses, der nicht mit seinem übereinstimmt. In „L'ordre du discours“ (2007) warnt Michel Foucault vor den Systemen der Ausgrenzung der Diskurse: Zensur, Segregation der Verrücktheit und Wille zur Wahrheit. Es ist kein Zufall, dass Bolsonaro in seiner Wahlkampagne als Aphorismus den Bibelvers „Du wirst die Wahrheit kennen und die Wahrheit wird dich befreien (Johannes 8,32) genommen hat.
Während der Wahlkampagne hat das Unternehmen BS Studios in Brasilia das Videospiel Bolsomito 2k18 herausgegeben. Die Figur, die Bolsonaro darstellte, sammelte Punkte, in dem Maße wie sie LGTB Aktivisten, Feministinnen und Mitglieder der Bewegung der Landlosen ermordete. Auf der Seite Steam, steht die Beschreibung des Spiels:„Bezwinge die Übel des Kommunismus in diesem politisch nicht korrekten Spiels und sei der Held, der eine Nation aus dem Elend befreit. Bereite dich darauf vor, die verschiedenen Arten von Feinden zu bekämpfen, die eine ideologisch kriminelle Diktatur im Land errichten wollen. Schläge mit dem Schlagstock und Gelächter in Hülle und Fülle“. Angesichts des Protests der Justiz wurde das Unternehmen gezwungen, das Spiel aus dem Netz zu nehmen.
Aber die Regierung ist real. Sie propagiert den Horror und sieht in jedem, der sich widersetzt das Gespenst des Kommunismus,