
TORONTO – Marcia Videaux weiß, dass der ganze „Exhibition Place“, die größte Multifunktionsbühne in Kanada, sie beobachtet. Tausende Besucher im „Ricoh Coliseum“, wo das Kunstturnen stattfindet, folgen ihr mit Blicken, und viele Kilometer entfernt, in ihrem Geburtsort Manzanillo, atmen alle Menschen, die auf diese oder jene Weise mit ihrer Karriere verbunden sind, im gleichen Rhythmus – sozusagen mit dem Herzen in der Hand.
Mit gerade mal 15 Jahren hat Marcia Videaux keinen Zweifel daran, dass ihr Spielraum für Fehler bei der Pferdsprung-Disziplin gegen Null tendiert, wenn sie sich zu einer der jüngsten Königinnen dieser Sportart auf dem Kontinent krönen will. Deshalb fokussiert das Mädchen aus der Provinz Granma trotz des Drucks, der auf ihm lastet, trotz der Ansprüche von außen, trotz des Lärms und der gleißenden Lichter, all seine Gedanken und konzentriert sich völlig auf die vor ihm liegende Übung und auf die 82 Laufschritte bis zum Sportgerät.
Geistig zeichnet sie die Pirouetten nach, ruft sich Trainingsbilder ins Gedächtnis, erweckt die perfekte Ausführung in ihrem Kopf zum Leben und rennt los – ihrem Traum entgegen. Sie fliegt, wirbelt wie ein Rätsel durch die Luft und senkt sich dann wie gesät herab, Stürme der Begeisterung im Publikum entfesselnd. Auch die Punktrichter zeigen sich beeindruckt und bewerten den Sprung entsprechend hoch.
„Ich stehe gewissermaßen noch unter Schock. Es ist mein erstes Mal bei Panamerikanischen Spielen und die Goldmedaille zu gewinnen, war das größte Erlebnis meiner Laufbahn“, sagte die junge Turnerin in der Mixed Zone, schüchtern und nach Worten suchend.
„Das Pferd ist mein Lieblingsgerät und ich war zuversichtlich, ein gutes Ergebnis erzielen zu können, vor allem, nachdem ich beim Weltcup in Portugal gewonnen hatte. Diesmal aber war ich mir meines Sieges erst sicher, als ich die Punktewertung meiner letzten Konkurrentin gesehen hatte.“