
Dahinten, dort drüben hat das Telefon keinen Empfang und als GPS dienen die wenigen Leute, die den Hügel hinauf- oder hinuntergehen und die man fragen kann, ob sie eine „guagüita", einen Minibus mit Leuten in gelben Helmen und einer Leiter auf dem Dach gesehen hätten.
„Oh je, mein Junge, das ist schon eine ganze Weile her, dass sie hier vorbeigefahren sind. Sie kommen immer früh am Morgen. Ich habe sie dort oben gesehen", sagt ein Mann, der offenbar bereits mehrere Kilometer zu Pferd zurückgelegt hat und den Männern mit den gelben Helmen irgendwo in der Gegend von Ruano, in der in Ciego de Ávila gelegenen Gemeinde Chambas begegnet ist. Das „dort oben“ hat die Bedeutung von „ein paar Kilometer“.
Wir fuhren weiter. Es ging bergauf, bergab, und wir überquerten Wasserläufe, die sich auf dem Rückweg durch den Regen in reißende Sturzbäche verwandeln würden.
-Hey, wo finden wir Sitio Molina?
-Nach der Kurve.
DIE NACHT WIRD DAS PARADIES SEIN
Bis hierher sind wir gekommen, um eine Geschichte zu erzählen, die nicht weniger heldenhaft ist, weil sie alltäglich ist. Es ist die Geschichte eines Teams, das sich aus Männern der UEB „Erneuerbare Energie“ des Elektrizitätsunternehmens Ciego de Ávila und der Abteilung Copextel zusammensetzt, die mit der Installation von Solarmodulen in schwer zugänglichen Gebieten in vier vom Hurrikan Irma betroffenen Gemeinden in Avila beauftragt wurden.
Als wir auftauchten, waren die Männer der gemischten Brigade bereits mit Vorschlaghammer, Balken und Schlüssel bewaffnet bei der Arbeit. Diesmal waren sie zu fünft und allen rann der Schweiß über die Gesichter. Auf der anderen Seite des Hofes arbeitete zur gleichen Zeit Yaimar Carballeira Lluvero, deren Haus bald mit einem Zwei-Kilowatt-Panel elektrifiziert werden sollte.
„Ich habe gerade mit der Hand Wäsche gewaschen und dann mit einem mit Holzkohle erhitzten Bügeleisen die Kinderkleidung gebügelt“, sagte sie. „Wir sind darauf vorbereitet und können, wenn der Strom wieder da ist, die Waschmaschine und den Fernseher benutzen. Dann muss ich nicht mehr mit Feuerholz kochen. Jetzt müssen mein Mann und ich uns mit einer guten Ernte revanchieren.“
Pedro Ernesto Cruz Broche, Industrieingenieur und stellvertretender Leiter der Gruppe ist jedesmal auf neue von dem Verhalten der Leute tief berührt. „Die Menschen sind glücklich, wenn wir kommen, und sie geben gerne, was sie haben. Das verdient Respekt, und wir glauben, dass das Mindeste, was wir tun können, ist, mit großem Engagement zu arbeiten, damit sie schnell in den Genuss der Elektrizität kommen können".

Für Ismael Oliva ist jeder Beginn des Arbeitstages der Beginn eines Kreuzzuges gegen die Dunkelheit und für die Entwicklung. „Wir kommen voran und nichts wird uns aufhalten. Von den 165 für diese Phase programmierten Systemen haben wir bereits 138 installiert".
Osmel Hernández Beltrán sagt, dass man sich unbedingt um die Menschen auf dem Land kümmern müsse. „ Von dort kommt unsere Nahrung, und hier konnte man sehen, dass viele aufs Land zurückgekehrt sind und ich glaube, unsere Arbeit hat dabei sicherlich eine Rolle gespielt.“
Diesen Männern, die wie Nomaden durch die Wälder ziehen, ist es zu verdanken, dass heute ganze Gemeinden Strom haben: Las Veguetas, Potosí, El Palmar de Mabuya, La 25, Caracol, Santa Bárbara, Palo Gordo, La Serrana...
Oralia Broche Sánchez ist 89 Jahre alt, lebt seit 76 Jahren in Sitio Molina, und würde lieber sterben als von dort wegzugehen. „Wenn es in dieser Gegend nicht so große Probleme mit dem Transport gäbe, wäre es hier eine Idylle: Gleich neben dem Schreiner und dem Tocororo Vogel zu wohnen, dort zu leben, wo die Nahrung produziert wird, und jetzt auch noch der Strom! Jetzt wünschte ich, ich wäre die 13 Jahre alt, als ich hier ankam.
Es tut mir leid, dass ihr mir nicht gesagt habt, dass ihr kommt. Jetzt kann ich euch nicht einmal eine Tasse Kaffee anbieten. Ich hätte ihn mit meiner neuen Cafetera auf dem Elektroherd zubereitet.
Jetzt sehe ich nachts zwischen dem Gebüsch Lichter in der Nähe und Lichter in der Ferne. Das sind die elektrifizierten Häuser, die wie Glühwürschen in der Dunkelheit des Waldes leuchten."
Man hätte gerade in dem Augenblick als der Strom angeschlossen wurde, das „strahlende“ Gesicht von Oralia sehen müssen. Jetzt muss sie jeden Monat 10 Pesos für den von einer Anlage im Wert von rund 2.600 Euro erzeugten Strom zahlen.
ZWEI KILOWATT „BEWEGEN DIE WELT"
Rosiel Reyes, Maschinenbauingenieur und Leiter der Brigade, erklärt, dass die neuen Anlagen leistungsfähiger sind als die bisherigen, eine Kapazität von zwei Kilowatt haben und mit sechs Photovoltaikmodulen von je 340 Watt und einem Wechselrichter (Gerät, das Gleichstrom in Wechselstrom umwandelt) ausgestattet sind.
„Die Installattion, sagt er, „dauert zwischen drei und vier Stunden, vorausgesetzt, die Löcher sind vorher ausgehoben worden, was fast immer der Fall ist. Das ist die schwierigste und zeitaufwändigste Arbeit: das Herstellen der Löcher, in denen das Gerüst verankert werden soll. Bei alleinstehenden Frauen oder älteren Menschen hilft die Brigade selbst, aber auch die Mitglieder der umliegenden Gemeinden.
„Wir sind fast jeden Tag unterwegs, weil das Programm keinen Aufschub duldet. Wenn die Straßen sehr schlecht sind, fahren wir mit Traktoren oder wir bewegen uns zu Pferd. Die Menschen helfen uns. Hier in der Region Ruano haben wir zehn Anlagen installiert, und vier weitere stehen noch aus. In der Regel stellen wir ein Panel pro Tag auf, manchmal zwei und in Ausnahmefällen auch drei.“
Jorge Morales García, einTechniker für elektrische Wartung bei der UEB „Erneuerbare Energie“ des Elektrizitätsunternehmens Ciego de Ávila, sagt, dass das System bei guter Sonneneinstrahlung und richtig geladenen Batterien in der Lage ist, den Reiskocher, den Schnellkochtopf, den Kühlschrank und den Fernseher gleichzeitig zu betreiben. „Und ich verrate Ihnen noch mehr: Es kann Motoren bis zu 1,5 Kilowatt antreiben.“
„Zusätzlich zu den 138 Zwei-Kilowatt-Anlagen, die bisher in der Provinz installiert wurden, gibt es rund 400 300-Watt-Anlagen, die schon vorher in Betrieb waren", sagt Mario Alberto Toledo Carrasco, Direktor der UEB „Erneuerbare Energie“.
PROGRAMM GEGEN STÜRME
Mario Patiño Franco, Leiter der Gruppe für die Durchführung und Kontrolle von Investitionen in erneuerbare Energiequellen der Unión Eléctrica, erläutert, dass sich die Maßnahmen auf kleine Gemeinden und abgelegene Siedlungen an der Nordküste der Provinzen Villa Clara, Sancti Spíritus, Ciego de Ávila und Camagüey konzentrieren, vor allem auf diejenigen, die von den Wirbelstürmen betroffen waren.
„Mit diesem Programm soll ein Beitrag zu den Bemühungen der Regierung geleistet werden, die Widerstandsfähigkeit der Energieversorgung gegenüber extremen Wetterereignissen in den vom Hurrikan Irma am stärksten betroffenen Regionen zu erhöhen, insbesondere durch die Ausweitung des Zugangs zu erneuerbaren Energiequellen."
Die Initiative, von der in Kuba 827 Haushalte mit isolierten Photovoltaikanlagen und durch die Wiederherstellung dieses Dienstes weitere 620 Haushalte mit beschädigten autonomen Photovoltaikanlagen profitieren werden, wird von der Unión Eléctrica geleitet und vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union durchgeführt.
Bei der Ermittlung und Auswahl der begünstigten Gemeinden und Haushalte wurde den Familien mit den meisten Kindern und den einkommensschwächsten Familien der Vorrang eingeräumt.
Insgesamt entfallen die mit Photovoltaik-Anlagen ausgestatteten Häuser auf 107 Gemeinden, die sich auf 62 Volksräte in 19 Bezirken mit mehr als 1.300 Einwohnern verteilen.
Das Projekt wird mit einem Budget von vier Millionen Euro aus dem Europäischen Entwicklungsfonds für die regionale Zusammenarbeit mit der Karibik und mit 2 314 660 Pesos von der kubanischen Regierung finanziert und wird die Maßnahmen des Ministeriums für Energie und Bergbau ergänzen, die darauf abzielen, eine 100-prozentige Elektrifizierung des Landes zu erreichen und den Anteil der erneuerbaren Energiequellen an der nationalen Energieversorgung zu erhöhen.
Ziel dieser Art der Elektrifizierung ist es, die Lebensqualität der kubanischen Landbevölkerung zu verbessern, das Leben auf dem Lande und damit die produktiven Tätigkeiten in der Land- und Viehwirtschaft zu fördern, die Landflucht in die Städte zu verringern, die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern, die Nutzung erneuerbarer Energiequellen und die Energiekultur zu unterstützen, die notwendig sind, um dem Klimawandel zu begegnen.